Rückblende

Impressionen eines spannenden Tages

Erhalten Sie einen Einblick in die digitale Fachveranstaltung vom 15. Juni 2021

"20 Jahre SGB IX: Ein langer Weg für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Blicke zurück nach vorne."

Wir haben auf dieser Seite die Fachbeiträge der Jubiläums-Veranstaltung versammelt, welcher rund 200 Zuschauer:innen und Zuhörer:innen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft sowie Menschen mit Behinderungen per Livestream beiwohnten.

 

Eröffnung: Markus Hofmann, Vorstandsvorsitzender der BAR e.V.

"Gemeinsame Lösungen und Kompromisse finden"

Markus Hofmann, Vorstandsvorsitzender der BAR und Abteilungsleiter DGB, eröffnete die Veranstaltung zum Jubiläum des neunten Sozialgesetzbuches. Er betonte, wie wichtig es sei, sich rund um das Thema Teilhabe mit "unterschiedlichen Perspektiven "auseinanderzusetzen, um verschiedene Sichtweisen und Bewertungen zu verstehen und "gemeinsame Lösungen sowie Kompromisse" zu finden.
Ein gemeinsamer Grundantrag sei, wenn er vorliege, "das handfeste Ergebnis von Zusammenarbeit" und werde "für alle Beteiligten, allen voran für Menschen mit Behinderungen selbst, eine Erleichterung sein".

Grußwort von Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales

"Das SGB IX ist kein starres Gebilde, es ist lebendig."

Hubertus Heil hob in seiner Grußbotschaft das Bundesteilhabegesetz und das Teilhabestärkungsgesetz hervor und verdeutlichte damit, dass das SGB IX kein starres Gebilde ist, sondern dass die Gesetzgebung "lebendig ist", sich mit der Gesellschaft weiterentwickelt. Der gemeinsame Grundantrag, der derzeit bei der BAR von den Rehabilitationsträgern unter Beteiligung weiterer Interessensgruppen erarbeitet wird, sei ebenso ein "wirklich wichtiger Schritt nach vorne zur besseren Teilhabe von Menschen mit Behinderungen".

Geschichte des SGB IX – Prof. Dr. Marc von Miquel zu Umbrüchen in der Behindertenpolitik

"Die erste legislative Umsetzung des Benachteiligungsverbotes"

Prof. Dr. Marc von Miquel, Geschäftsführer der sv:dok, Dokumentations- und Forschungsstelle der Sozialversicherungsträger, skizzierte in seinem Fachbeitrag die Historie des SGB IX. Das SGB IX gilt als "erste legislative Umsetzung des Benachteiligungs-verbots, verbunden mit einem sozialen Teilhaberecht". Wie die Geschichte des SGB IX in die internationale Entwicklung eingebunden ist und wie sich ab den Neunzigerjahren der Paradigmenwechsel vom medizinischen zum menschenrechtlichen Modell vollzog, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Prof. Dr. Steffen Luik: Das SGB IX vor Gericht

"Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." (GG Art. 3, Abs. 3)

Prof. Dr. Steffen Luik, Richter am Bundessozialgericht in Kassel, zeigte sich überzeugt, dass das SGB IX die Umsetzung des Benachteiligungsverbots leisten kann, sieht allerdings noch Optimierungsbedarf bei der praktischen Umsetzung der "Leistungen aus einer Hand" und des Teilhabeplanverfahrens. Er mahnte den Blick weiterhin zu schärfen und stellte heraus: "Ich wünsche mir für die Zukunft, dass der einfache Satz aus dem Grundgesetz – 'Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden‘ – Wirklichkeit wird."

Zwischenruf: Zurück in den Beruf

Britta Meinecke-Allekotte und ihre persönliche Geschichte

Britta Meinecke-Allekotte ist OP-Schwester im BG Klinikum Duisburg. Nach einem Arbeitsunfall an ihrem vorherigen Arbeitsplatz, bei dem sie einen Arm verlor, hat sie sich wieder zurück in ihren Beruf gekämpft. In ihrem Beitrag gibt sie einen Einblick in ihren Rehabilitationsverlauf, die Zielsetzung des Peer-Prinzips und lässt uns ein Stück auf ihrem persönlichen Weg zu der Unabhängigkeit von Dritten, der Rückgewinnung von Akzeptanz sowie verlorengegangener Wertschätzung teilhaben.

Soziale Selbstverwaltung – ein Erfolgsfaktor für die Zukunft?

Vorträge und Diskussion von / mit Prof. Dr. Welti, Jürgen Hohnl, Brigitte Gross und Dr. Susanne Wagenmann

Prof. Dr. Felix Welti, Professor für Sozial- und Gesundheitsrecht an der Universität Kassel, rückte die Erfolge, Probleme und Herausforderungen der Sozialen Selbstverwaltung in das Zentrum seines Fachvortrags. Anschließend diskutierten Brigitte Gross (Direktorin der Deutschen Rentenversicherung Bund) und Dr. Susanne Wagenmann (alternierende Vorstandsvorsitzende der BAR und Abteilungsleiterin BDA) gemeinsam mit Prof. Dr. Welti die Herausforderungen und Möglichkeiten der Selbstverwaltung.

Fazit: Auch in Zukunft muss die Soziale Selbstverwaltung eine wichtige Rolle spielen. Selbstverwaltung beruhe "auf dem Grundsatz der Betroffenenbeteiligung" – es gehe um den unmittelbaren Einfluss auf die Gestaltung des Verwaltungshandelns. Bei den Trägern sei es derzeit noch unterschiedlich, wie sichtbar die Selbstverwaltung und die Menschen, die sie bilden, gemacht werden. Da sei "noch Luft nach oben". Jürgen Hohnl, Geschäftsführer IKK e. V. (Video links), forderte ebenfalls die Stärkung der Selbstverwaltung ein.

Qualitätsziel Teilhabe – Prof. Dr. Edwin Toepler

"Härtetest für das SGB IX"

Was haben Hasen und Hühner mit Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und der Qualität der Rehabilitation zu tun? Prof. Dr. Edwin Toepler, Professor für Management der Rehabilitation an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, zeigte nicht nur mit einem Fallbeispiel anschaulich auf, wie wichtig es ist, individuelle Teilhabeziele zu formulieren. Er betonte: "Das Qualitätsziel Teilhabe können wir erst in zeitlichem Abstand zur Intervention und in zeitlichem Abstand zum Ende der Reha-Maßnahme messen."

Aus dem Atelier der BAR – Bernd Giraud, BAR e.V.

Werkzeuge für die Reha-Praxis

"Viele Schalter, viele Instrumente, viele Regeln, viele Verfahren, viele Absichten, Widersprüchlichkeiten […]" – so sehe nicht nur eine Schalttafel eines Jugendstil-Kraftwerks von 1905 aus, sondern auch das SGB IX, eröffnete Bernd Giraud, Fachbereichsleiter Programme und Produkte der BAR, seinen Beitrag. Im "Atelier" der BAR werden Werkzeuge entwickelt, die Reha-Fachkräften die Umsetzung der Regelungen des SGB IX in der täglichen Praxis erleichtern können. Mit einem gemeinsamen Grundantrag soll nun ein Werkzeug geschaffen werden, mithilfe dessen Leistungsberechtigte mit einem Antrag alle Reha-Leistungen aller Reha-Träger beantragen können.

Dr. Stefan Schüring, BAR e.V.

Der Teilhabeverfahrensbericht als Steuerungsinstrument

Wie bei einem Flugzeug seien auch in Rehabilitation und Teilhabe Steuerungsinstrumente wichtig, stellt Dr. Stefan Schüring heraus, Fachbereichsleiter Teilhabeverfahrensbericht, Systembeobachtung und Forschung der BAR. Der Teilhabeverfahrensbericht, der seit 2019 auf Ebene der BAR entwickelt wird, ermöglicht erstmals einen Gesamt-Überblick über das Reha-Geschehen in Deutschland. Als Instrument habe der THVB das Potenzial, gemeinsam voneinander zu lernen und notwendige Veränderungsprozesse anzustoßen.

Impressionen

Menschen mit Behinderungen & das Phänomen Sprache

Menschen mit Behinderungen, Politik und Verwaltung sprechen bisweilen eine unterschiedliche Sprache.
Wie nehmen Menschen mit Behinderungen dieses Phänomen Sprache wahr? Dieser Beitrag gibt interessante Einblicke und zeigt konkrete Alltagserfahrungen.

Prof. Dr. Helga Seel: Das SGB IX im Spiegel der Sprache

"Verstehen – Verständnis – Verständigung"

In einer zunehmend digitalen Welt gibt es eine Fülle von Informationen, doch dies bedeutet nicht, dass diese verständlich bei der jeweiligen Zielgruppe ankommen und genutzt werden können. Prof. Dr. Helga Seel, Geschäftsführerin der BAR, zeigte in ihrem Fachvortrag auf, dass Informationen allein nicht ausreichen. Es müssten vielmehr "die richtigen Informationen [sein], verständlich aufbereitet und zugänglich gemacht". Ein klares Plädoyer für den bewussten Umgang mit unserer Sprache und den barrierefreien Zugang.
Sie ist sich sicher: "Wenn wir […] die Kommunikation, das Verständnis füreinander und die Verständigung miteinander verbessern, dann werden alle profitieren."

Jürgen Dusel, Bundesbeauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderungen

Das SGB IX im Kontext der UN-BRK

Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, unterstrich zum Ende des Tages deutlich, wie wichtig es ist, das SGB IX und das Bundesteilhabegesetz im Licht der UN-BRK zu sehen. Er appellierte weiterhin daran zu arbeiten, dass "die Kooperation der Reha-Träger, auch die Kommunikation zwischen den Trägern und ebenso die Konvergenz" verwirklicht werden.

"20 Jahre SGB IX" – Blick hinter die Kulissen